Projekthintergrund

In den letzten Jahrhunderten wurde in vielen Ländern Mittel-, Nord- und Osteuropas bei der Wiederbewaldung und Waldrestaurierung die Rotfichte (Picea abies [L.] Karst.) bevorzugt. Die Fichte ist leicht zu etablieren und zu bewirtschaften, hat schnelle Wachstumsraten und lässt hohe wirtschaftliche Erträge erwarten. Heute wird das Verbreitungsgebiet der von der Fichte dominierten Wälder weitgehend durch frühere Bewirtschaftungspraktiken und nicht durch natürliche Faktoren bestimmt. Während in Nordwestrussland der größte Teil der Fichte in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet vorkommt, reicht sie in der Westukraine und noch mehr in Südwestdeutschland weit über das angenommene natürliche Verbreitungsgebiet hinaus. Aufgrund von Umweltveränderungen und Änderungen der Bewirtschaftungsziele ändert sich die Zusammensetzung der Waldbaumarten bereits heute. Diese Veränderungen werden Auswirkungen auf die Holzproduktion sowie auf die Kohlenstoffbindung, den Nährstoffkreislauf, die Artenvielfalt und die Resistenz gegenüber abiotischen und biotischen Störungen haben. Die damit verbundenen Veränderungen der Zusammensetzung, Struktur und Funktion der Wälder wirken sich auf nahezu alle Produkte und Dienstleistungen aus, einschließlich der sekundären Auswirkungen auf das Einkommen der Waldbesitzer und auf das Klimaschutzpotenzial dieser Wälder.

In Mittel- und Osteuropa ist die Fichte derzeit einer beispiellosen Bedrohung durch mehrere abiotische und biotische Stressfaktoren ausgesetzt. Die gegenwärtige Waldgesundheitskrise weist auf die geringe Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der Fichte an den Klimawandel hin, und untermauert ihre Anfälligkeit gegenüber der Klimaerwärmung. Dies gibt Anlass, die Größe des Klimaschutzpotenzials der zukünftigen Wälder in Frage zu stellen. Mittelfristige klimasensitive Szenarien sollen erstellt werden und Prognosen zur Versorgung mit Fichtenholz unter besonderem Schwerpunkt auf dem Übergang zu einer klimaneutralen, grünen Wirtschaftsweise (“green economy”) liefern. Die erwarteten Ergebnisse werden einmalige und zeitnahe Informationen über die künftige Verfügbarkeit von Fichtenholz (insbesondere Stammholz) sein. Diese Informationen werden für den Forst- und Holzsektor sowie für die politische Entwicklung im Hinblick auf den Übergang zu Green Economies in Europa von hoher Relevanz sein.

Anpassung der Projektziele

Aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mussten wir leider unsere Projektziele anpassen. Durch die Suspension der russischen Partnerinstitution konzentrieren wir uns zukünftig auf die verbleibenden Partnerregionen (Westukraine und Südwestdeutschland). Im ersten Projektjahr wurde zusätzlich das Projektgebiet Nordwestrussland betrachtet. Inhaltlich ging es dabei um die frühere Entwicklung und den gegenwärtigen Zustand der Fichte (Arbeitspaket 1 ).

Die weiteren Projektergebnisse werden folglich keinen Vergleich zwischen der zukünftigen Entwicklung der Wäldern der gemäßigten Breiten (Westukraine, Südwestdeutschland) zur Entwicklung der borealen Wälder Nordwestrusslands ziehen können.

Stand: 16.08.2022